Kindern Grenzen setzen: Kind sitzt im Korridor und spielt mit einem Staubsauger Roboter

Kindern Grenzen setzen ist wirklich nicht leicht. Die besten Eltern der Welt bekommen hin und wieder eine mittelschwere Krise, weil das liebe Kind einfach nicht hören will. Und dann ist da auch noch der Anspruch aus dem Umfeld, denn das Kind soll bitte Manieren haben. Und am besten soll es noch den lieben langen Tag funktionieren. Ich kenne das sehr gut. Es ist manchmal zum Haare raufen, besonders, wenn die eigene Zündschnur eh mal wieder viel zu kurz ist.
Erfahre hier warum Kinder permanent gegen unsere Grenzen stoßen. Erhalte eine genaue „Anleitung“, wie du deine Grenzen liebevoll, aber klar an dein Kind weitergibst. Erfahre obendrauf noch, was du tun kannst, damit es eure Beziehung nicht belastet.

Wie Kinder (und Staubsauger Roboter) die Welt erfahren

Kennst du diese Staubsauger Roboter? Bestimmt. Fabelhafte kleine Helfer, die wirklich mit der besten Technik in unser Haus treten.
Alles was sie brauchen, um unser Haus sauber zu halten, bringen sie vom Werk aus direkt mit: sie können sich bewegen, erkunden die Welt und sprechen sogar mit uns.

Wenn sie zum ersten Mal durch die Zimmer fahren, erstellen sie eine Karte von den Räumen. Wie machen sie das? Sie strecken ihre feinen Sensoren aus und fahren von der Mitte des Raumes, wo wir sie frei gelassen haben, direkt auf die nächste Wand zu.
Dort stoßen sie sich einmal und fahren dann ganz langsam diese Grenze ab, bis sie sich wieder an der nächsten Wand stoßen.

Geschieht das, dann sind sie kurz völlig irritiert, drehen sich einmal im Kreis und fahren dann an der nächsten Wand entlang. Das machen sie so lange, bis sie einmal alle Grenzen des Raumes ertastet und abgefahren haben.
Erst wenn sie damit fertig sind, sie sich wirklich sicher sind, alle Grenzen des Raumes verinnerlicht und zu einer digitalen Karte programmiert haben, schwirren sie durch den restlichen Raum und und fahren ihre Runden. Absolut faszinierend, das muss man sich auf jeden Fall mal anschauen.


Mit unseren Kindern ist das ziemlich ähnlich: Wenn sie zu uns in die Familie kommen, dann sind sie schon sehr gut ausgestattet. Sie bewegen sich, erkunden die Welt und nehmen Kontakt zu uns auf. Unglaublich, was die alles können.

Was sie allerdings noch nicht haben, das ist einen richtigen Plan vom Leben.
Ihnen fehlt die Erfahrung, eine innere Karte, die ihnen den Weg zeigt. Sie beginnen damit den ersten Raum kennenzulernen – ihre Familie.
Und auf dem Weg uns kennenzulernen, fahren sie permanent gegen unsere Grenzen. „Oh, da ist ein riesiger Blumentopf mit Erde darin, das muss ich doch mal ausprobieren!“ Zack, Mama sagt nein – Grenze. „Okay, dann laufe ich zur Gardine und zieh da mal dran.“

Warum Kinder immer wieder gegen die gleichen Grenzen fahren müssen

Manchmal kommen da Grenzen, die das Kind nicht nur ein bisschen irritieren. Wir kennen das, wenn sie völlig außer sich sind, weinen und gar nicht mehr zuhören.

Und es gibt auch Grenzen da müssen sie immer und immer wieder gegen stoßen, um sich wirklich sicher zu sein, dass es wirklich nicht geht. Sie sind dann unheimlich willensstark.

Unser Staubsauger Roboter übrigens auch. Der beißt sich regelrecht die Zähne aus, wenn er auf meinen Wäscheständer stößt. Der hat unten nämlich so Metallrohre, die als Füße dienen. Die sind gerade niedrig genug, dass er sie zur Hälfte überfahren kann, aber eben genau so hoch, dass er nicht drüber kommt. Und dann wird er richtig willensstark und will unbedingt diese Grenze überfahren. Er beißt sich da aber irgendwie fest und ohne meine Hilfe kommt er da nicht wieder heraus.

Es nützt in diesem Fall leider auch nichts, ihm vom Weiten zu zu rufen und zu sagen: Geh da nicht hin, da verfängst du dich! Und wenn ich mich davor stelle, ihn anschreie und ihm sage: bis hier hin und nicht weiter – dann versteht er das auch nicht.

Ich kann ihn dann nur ganz behutsam beruhigen, indem ich ihm eine Pause gönne. Und wenn er dann nicht mehr strampelt, nehme ich ihn behutsam hoch und setze ihn dort hin, wo er sicher ist.

Bei unseren Kindern ist das ganz genau so.
Es gibt Erfahrungen, die müssen sie machen. Immer und immer wieder, bis sie es einprogrammiert haben. Das kindliche Hirn benötigt nämlich etliche Wiederholungen, bis es eingespeichert ist.
Puh, das kostet ganz schön Geduld.

Sagen wir mal unser Kleinkind möchte immer an die gleiche Schublade. Und da ist unsere Grenze, weil… wir einfach nicht wollen, dass es dort alles wieder heraus kramt. Wir sehen es, dass unser Kind auf diese Grenze zu steuert und können schon mal schauen, ob unser Kind Kontakt zu uns aufnimmt. Das machen sie, um zu überprüfen, ob die Grenze wirklich noch besteht.

Dieser Blick, wenn ihnen der Schalk im Nacken sitzt. Den Blick kennst du sicher. Wenn sie das tun, ist es Zeit für das erste Nein. Eine Chance hat jeder verdient, oder?

Wenn sie einfach so drauf los steuern, können wir abwarten, ob die innere Karte ihnen auf den letzten paar Millimetern doch noch sagt: Meh, Grenze! Ist das allerdings nicht der Fall, ist spätestens jetzt Zeit für das erste Nein.

Kindern Grenzen setzen, warum überhaupt?

Wenn Kinder diese Grenze überfahren, dann machen sie das nicht, weil sie meinen, dass unser Nein nichts wert ist. Sie tun das, weil sie es für sich einfach noch nicht klar haben, ob diese Grenze wirklich nicht doch überfahren werden kann.
So wie mit dem Staubsauger und dem Wäscheständer.

Das Kind macht das nicht, weil es als kleiner Tyrann in unser Leben getreten ist und die Weltherrschaft an sich reißen möchte. Das will der Staubsauger auch nicht, auch wenn uns Filme oft glauben lassen wollen, dass irgendwann Roboter die Erde regieren😉 

Dieses permanente gegen unsere Grenzen fahren hat einen anderen wichtigen Grund. Es dient den Kindern als Sicherheit. Ein wichtiges Grundbedürfnis. Sie wollen wissen „Wo hört mein Wille auf und wo fängt deiner an?“. Kindern Grenzen setzen bedeutet also nicht nur, dass du deine persönlichen Grenzen wahrst, sondern auch, dass du deinem Kind Sicherheit vermittelst.

Das macht es auch nochmal wichtiger dabei immer konsequent zu bleiben. Also konsequent in dem Sinne, dass du nicht einmal Hü und einmal Hott sagst. Das verunsichert unsere Kinder nur. Und wenn sie sich nicht sicher fühlen, werden sie in ihrem Verhalten auffällig, weil sie diese Sicherheit brauchen.

So lernen sie dich und deine persönlichen Grenzen kennen. Und sie merken so vielleicht auch: „Moment mal, bei Mama darf ich das nicht. Bei Oma und Opa aber schon! Es gibt also Unterschiede und jeder Mensch ist anders!“ Ein wichtiger Bereich zu lernen, wie wir mit anderen Menschen umgehen, findest du nicht?

Was können wir also machen, wenn das Kind diese Grenze überfährt? Schreien aus der Entfernung bringt nichts, außer Angst vor einer Person, die eigentlich der sichere Hafen sein soll.

Also, was ist zu tun?

Kindern Grenzen setzen in 5 liebevollen Schritten

Ich denke wir sind uns beide einig, dass es wichtig ist, dass Kinder merken, wo unsere Grenzen liegen. Kindern Grenzen setzen ist aber nicht nur eine wichtige Erfahrung, die sie brauchen, um rücksichtsvoll mit anderen Menschen umzugehen. Es geht ja schließlich auch um deine Bedürfnisse. Oft fühlen wir uns als Eltern vom Elterndasein besonders belastet, wenn wir uns in unseren Bedürfnissen nicht gut gesehen fühlen. Deshalb hat oberste Priorität, bevor du überhaupt irgendetwas tust:

ATME DURCH! Spüre erst einmal in dich hinein, ob es dir wirklich wichtig ist diese Grenze zu setzen und frage dich warum eigentlich? Weil es wirklich gegen DEINE Prinzipien verstößt, oder vielleicht doch, weil MAN das so macht. Diese Glaubenssätze die da tief in uns schlummern, die kommen nämlich auch oft genug aus unserer Kindheit. Es lohnt sich immer, die noch einmal zu hinterfragen (z.B. das sitzen bleiben am Esstisch bis alle aufgegessen haben. Ist mir das wirklich wichtig? Oder ist es für mich auch okay, wenn mein Kind seinem Bewegungsdrang nachgeht und schon einmal spielen geht?).

Und wenn du dich selbst beruhigt hast und die Situation für dich geklärt hast, dann:

  1. Werde proaktiv, wenn es nötig ist. Das heißt: greife ein! In unserem Fall, steh auf und geh zu deinem Kind. Das unterstreicht, dass es dir wichtig ist. Ein Zurufen aus der Ferne bringt gar nichts. Kinder sind oft in einer Art Tunnel, wenn sie bestimmte Dinge tun und nehmen deine Stimme oft gar nicht so richtig wahr. Also steh auf und gehe hi. Unterbrich es in seinem Tun und es wird merken: Ups, Mama oder Papa meint es ernst.
  2. Nimm Kontakt auf, damit es dich bemerkt. Oft werden sie von Dingen so in ihren Bann gezogen, dass es scheint, als hätten sie Scheuklappen auf. Haben sie nicht, sie sind dann nur bereits in Gedanken versunken. Kontakt aufnehmen kannst du am besten über mehrere Sinne: berühre dein Kind, begib dich auf die Augenhöhe, damit ihr Augenkontakt aufnehmen könnt und sprich es an: „Maxi, bitte lass die Schublade zu. Sie ist tabu!“.
  3. Zeige Verständnis wenn dein Kind nun gegen diese Grenze stoßt und sauer ist, dass es nicht weiter kommt. Grenzen sind nun mal doof. Wenn wir uns auf einen Urlaub freuen und letztendlich nicht frei nehmen können, dann ist das auch richtig doof und dann bekommen wir auch schlechte Laune.
    Gut, wir werfen uns vermutlich nicht mehr strampelnd auf den Boden. Aber auch nur, weil wir irgendwann im Leben gelernt haben, dass es uns nicht weiter bringt. Wir haben uns andere Strategien überlegt, wie wir mit unserer Enttäuschung umgehen können.
    Wobei ich glaube, dass wir uns viel öfter mal wieder strampelnd auf den Boden werfen sollten. Dann könnten wir vielleicht auf das Rauchen oder das Frustfuttern verzichten😉
    Was uns aber allen in solchen Situationen gut tut, ist Verständnis. Eine Person, die sagt: „Ich verstehe dass du enttäuscht bist, komm ich nehme dich mal in den Arm!“ Das wirkt Wunder, bei großen und bei kleinen Menschen.
  4. Warte ab bis sich der Sturm gelegt hat und dein Kind wieder ansprechbar ist. Manche Kinder lassen sich trösten und manche müssen erst abkühlen, bevor sie wieder bereit sind Kontakt auf zu nehmen. Bei den einen Kindern dauert es länger, andere haben sich relativ schnell wieder gefangen.
    Das kannst du auch nicht beeinflussen, das liegt am Temperament mit dem die Kids zu uns kommen. Du kannst es nur akzeptieren und nehmen, wie es ist.
    Wenn du jetzt bei deinem Kind bleibst, lernt es, dass du auch in schwierigen Situationen für es da bist und alle Gefühle okay sind. Ein echter Vertrauensbooster.
    Nutze die Zeit am besten um zu überlegen, ob ihr einen Kompromiss findet.
  5. Mache ein Angebot das also entweder direkt damit in Verbindung steht, was dein Kind eigentlich wollte („Die Schublade ist leider tabu, aber komm mal mit, wir können gemeinsam deine Spielzeugkiste ausräumen“), oder als Beziehungsangebot verstanden werden kann („Die Schublade ist tabu, aber hast du Lust mir dabei zu helfen die Wäsche vom Wäscheständer abzunehmen?).
    Dieser Schritt dient dazu mit deinem Kind wieder in einen liebevollen und wohlmeinenden Kontakt zu gehen. Und das ist absolut wichtig für die Grundstimmung eurer Beziehung.

    Stell dir mal vor du möchtest mit einem Freund oder einer Freundin einen gemeinsamen Tag verbringen. Ihr überlegt gemeinsam was ihr unternehmen wollt. Doch alle deine Vorschläge werden abgewehrt, dein Freund oder deine Freundin macht jedoch keine Gegenvorschläge. Irgendwann entsteht schlechte Stimmung zwischen euch und du fragst dich sicher: „Ob er/sie überhaupt Lust hat einen Tag mit mir zu verbringen?“.
    Es liegt nicht an den Grenzen deiner Freundin bzw. deines Freundes, dass du dich ungeliebt fühlst, sondern weil er/sie dir kein anderes Beziehungsangebot macht.
    Und so ist es auch bei deinem Kind. Willst du also deinem Kind Grenzen setzen und trotzdem in einem guten Kontakt mit deinem Kind sein? Dann mache Gegenvorschläge, sobald es sich beruhigt hat.
    Und mal ehrlich: es ist doch um so schöner, wenn wir wieder zueinander finden. Auch, wenn wir eben noch durch eine Grenze voneinander getrennt waren, oder?

Und wie geht es jetzt weiter?

Kindern Grenzen setzen in 5 liebevollen und klaren Schritten

Probiere die Schritte aus. Und dann: Übe! Du kannst dir dafür auch einen kleinen Denkzettel ausdrucken.

Und erlaube dir Fehler zu machen. Ich bin mir fast sicher, dass du, genauso wie ich, damit aufgewachsen bist, dass wir unsere Grenzen nur angeben können, wenn wir die Kinder richtig erziehen. Was eigentlich bedeutet: sie in einem harschen Ton an zu fahren und notfalls, wenn die Grenzen immer wieder übertreten werden, uns als Versager:in zu fühlen und Strafen zu verhängen.

Für dich als Kind wird sich das wahrscheinlich auch nicht gut angefühlt haben, wenn du ständig angeraunzt wurdest. Oftmals fühlt es sich für die Kinder nicht nur schlecht an, sondern sie fühlen sich ungeliebt, falsch und nicht gut genug. Ein perfekter Nährboden für Probleme mit dem Selbstwertgefühl, später im Erwachsenenalter. Das kommt nicht von ungefähr.

Aber gerade weil wir es aus unserer Kindheit kennen, ist diese Art zu reagieren so tief in uns verwurzelt. Sie kommt ganz automatisch immer wieder zum Vorschein, wenn wir gestresst sind (weil wir dann nicht mehr logisch denken können, sondern nur noch unser Reptilienhirn ganz instinktiv reagiert).
Deshalb ist es, wie oben bereits geschrieben, super wichtig, dass du dich beruhigst, bevor du reagierst. Sammle dich erst, atme einmal tief durch und dann kannst du reagieren.

Ich wünsche dir viel Erfolg bei der Umsetzung, sei milde mit dir, wenn du es nicht immer direkt hin bekommst. Auch dein Hirn darf noch trainieren 😉

In der nächsten Zeit habe ich ein Webinar zum Thema: „Vom Strafen zum liebevollen Grenzen setzen – Wie du erfolgreich deine Familie führst!“ geplant. Wenn das für dich interessant sein könnte, dann trage dich gern in die Familienpost ein. Erfahre so rechtzeitig, wann das Webinar online geht.

Liebe Grüße,

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